Im dritten Quartal 2025 geraten immer mehr Unternehmen, die ihre Strategie stark auf Kryptowährungen ausgerichtet haben, unter erheblichen Druck. Ihre Aktienkurse sind teilweise so stark gefallen, dass sie inzwischen unter dem Wert ihrer eigenen Bitcoin-Bestände liegen. Diese Entwicklung stellt die Stabilität zahlreicher Firmen infrage und verdeutlicht, wie eng ihre Bewertung mit den Schwankungen am Kryptomarkt verknüpft ist.
Um gegenzusteuern, setzen mehrere Firmen auf Aktienrückkäufe – oft finanziert durch Kredite in dreistelliger Millionenhöhe. Ziel ist es, die Kurse zu stützen und Vertrauen bei Investoren zurückzugewinnen. Gleichzeitig zeigen diese Maßnahmen, wie angespannt die Lage im Sektor tatsächlich ist.
Rückkäufe als Notlösung
Unternehmen wie Semler Scientific, ETHZilla, Empery Digital, CEA Industries, Metaplanet, SharpLink Gaming und Ton Strategy haben in den letzten Monaten massiv eigene Aktien zurückgekauft. Auffällig: Bei fünf von ihnen liegt die Marktkapitalisierung bereits unterhalb des Wertes der gehaltenen Bitcoin-Bestände.
Die Beweggründe für Rückkäufe sind klar:
- Den Aktienkurs über den Wert der Krypto-Reserven heben
- Flexibilität schaffen, um weitere digitale Assets zu erwerben
- Ein Signal der „Kapitaldisziplin“ an Investoren senden
Mehrere Firmen haben dafür hohe Schulden aufgenommen – teils in Höhe von 100 bis 250 Millionen US-Dollar. Damit steigt zwar das Risiko, doch für viele ist der höhere Börsenkurs entscheidend, um ihre Treasury-Strategie fortsetzen zu können.
Unternehmen | Marktkapitalisierung < BTC-Bestand | Rückkäufe durchgeführt |
---|---|---|
Semler Scientific | Ja | Ja |
ETHZilla | Ja | Ja |
Empery Digital | Ja | Ja |
CEA Industries | Nein | Ja |
Metaplanet | Ja | Ja |
SharpLink Gaming | Nein | Ja |
Ton Strategy | Ja | Ja |
Analysten sehen darin einen Hinweis, dass die Phase aggressiver Krypto-Treasury-Strategien ihrem Ende zuneigt. Für manche Unternehmen könnten Rückkäufe lediglich eine Art „Zeitgewinn“ sein – in der Hoffnung auf den nächsten großen Bitcoin-Bullenmarkt.
Semler Scientific fusioniert mit Strive Asset Management
Ein besonderes Signal setzte am 22. September die Übernahme von Semler Scientific durch Strive Asset Management, gegründet von Vivek Ramaswamy.
- Umfang: rund 10.900 BTC
- Aktionärsprämie: +210 % auf den damaligen Kurs
- Ergebnis: drittgrößte Unternehmens-Bitcoin-Treasury weltweit
Beobachter werten die Transaktion als Hinweis auf eine mögliche Konsolidierungswelle in der Branche. Viele gehen davon aus, dass ähnliche Deals folgen könnten.
Vom „Papier-Bitcoin-Sommer“ zur Ernüchterung
Noch in der ersten Jahreshälfte 2025 galt der Ansatz, Bilanzen mit Kryptowährungen zu füllen, als Trendmodell. Zahlreiche Firmen versuchten, die Strategie von MicroStrategy zu kopieren. Doch die Euphorie flaute rasch ab:
- Ab Juli begannen Firmen, nicht nur Bitcoin, sondern auch Ether, Dogecoin und sogar spekulative Tokens in ihre Bestände aufzunehmen.
- Einige dieser Experimente scheiterten spektakulär. Ein Beispiel: Nakamoto, ein von David Bailey aufgelegtes Papier, verlor an nur einem Handelstag über 50 %.
Damit verstärkte sich der Eindruck, dass die Aktienkurse dieser Firmen immer weniger mit den realen Krypto-Beständen übereinstimmen – ein Umstand, der Investoren zunehmend abschreckte.
Zeichen der Schwäche
Auch große Namen spüren die Belastung:
- Metaplanet, einer der größten Bitcoin-Halter Japans, denkt über Rückkäufe und sogar die Ausgabe von Vorzugsaktien nach.
- Ton Strategy (ehemals MicroStrategy) musste Ende August einen Kursrückgang von 15 % hinnehmen, womit der Börsenwert nahezu exakt dem Wert der BTC-Bestände entsprach.
Eine Gegenüberstellung verdeutlicht die Entwicklung:
Zeitraum | Verhältnis Börsenwert zu BTC-Bestand | Bewertung |
---|---|---|
2024 | 2,5x – 3x | Deutlich über BTC-Wert |
Aug 2025 | ~1:1 | Kaum Aufschlag |
Das frühere Premium, das Anleger bereitwillig für die Aktien zahlten, ist weitgehend verschwunden.
Kritik am Modell
Die Ausgabe neuer Aktien oder Vorzugsaktien, um weitere Bitcoin-Käufe zu finanzieren, stößt bei Analysten zunehmend auf Kritik. Beobachter sprechen von Verwässerung und zweifeln an der Nachhaltigkeit. Manche ziehen bereits Vergleiche zu einem Schneeballsystem.
Zudem fließt Kapital inzwischen verstärkt in Ethereum und andere Altcoins, wodurch Bitcoin-zentrierte Firmen weiter unter Druck geraten.
Neue Player, alte Probleme
Trotz aller Warnsignale entstehen neue Treasury-Projekte. Ein Beispiel: Bullish, im August 2025 gestartet, mit prominenter Unterstützung durch Peter Thiel. Doch auch hier zeigt sich dasselbe Muster: Der Marktwert bewegt sich nahezu identisch zum Bitcoin-Bestand – ohne Aufschlag, ohne Premium.
Fazit – von Euphorie zu Ernüchterung
Anfang 2025 stand der Markt für Unternehmens-Bitcoin-Reserven im Rampenlicht. Heute, nur wenige Monate später, ist die Stimmung deutlich abgekühlt:
- Viele Aktienkurse liegen auf oder sogar unter dem Wert der gehaltenen Bitcoin.
- Rückkäufe auf Pump zeigen die angespannte Lage.
- Selbst Branchenführer verlieren ihr Premium.
- Neue Projekte starten, stoßen aber sofort auf dieselben Probleme.
Der vermeintliche „Papier-Bitcoin-Sommer“ brachte zwar enorme Aufmerksamkeit, doch die Realität zeigt: Für viele Firmen war es eher ein kühler Herbst der Ernüchterung.
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Michael Müller
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Michael Müller ist seit vielen Jahren in der Welt der Kryptowährungen und Finanzmärkte zu Hause. Als ausgewiesener Krypto-Experte verbindet er tiefes Fachwissen mit praktischer Erfahrung im Trading von digitalen Assets, Devisen und klassischen Anlageklassen. Sein Schwerpunkt liegt auf der Analyse von Markttrends, regulatorischen Entwicklungen und technologischen Innovationen, die den Kryptomarkt nachhaltig prägen. Bei Online24.de liefert Michael Müller fundierte Artikel, praxisnahe Analysen und verständlich aufbereitete Ratgeber, die Einsteiger wie auch erfahrene Trader ansprechen. Dabei legt er besonderen Wert auf Transparenz, Risikoabwägung und realistische Strategien, um Lesern einen echten Mehrwert für ihre Investitionsentscheidungen zu bieten. Seine Beiträge zeichnen sich durch eine klare Sprache und praxisorientierte Beispiele aus. Mit seinem Know-how sorgt Michael Müller dafür, dass unsere Leser die Chancen und Risiken von Bitcoin, Ethereum, DeFi & Co. einschätzen können – und so im dynamischen Markt stets den Überblick behalten.